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©Marco Butzkus / bremerhaven.de |
Die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Bremen hat in einem Eilverfahren entschieden, dass das Bürgerbegehren gegen die Beplanung von Teilen des im Entwicklungskonzept Neue Aue enthalte-nen Gebiets „Leher Dschungel“ vorläufig als zulässig behandelt werden muss.
Damit hat das Gericht die Rechte der Bürgerinitiative „Meergestrüpp“ vorläufig, d.h. bis zum Ab-schluss des Hauptsacheverfahrens, zur Durchführung eines Bürgerbegehrens gesichert. Das Eilver-fahren war von den drei Vertrauensleuten des Bürgerbegehrens in Vertretung der mehr als 6000 Un-terzeichner anhängig gemacht worden. Antragsgegnerin ist die Stadtverordnetenversammlung.
Der Beschluss des Gerichts bewirkt, dass eine Bauleitplanung für dieses Gebiet vorerst nicht weiter durchgeführt werden darf. Streitgegenstand ist im Eilverfahren und auch im noch offenen Klagever-fahren (Hauptsacheverfahren) allein die Frage, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Dabei handelt es sich um formale Anforderungen gemäß § 16 der Verfassung Bremerhavens (VerfBrhv).
Das Gericht weist die von der Stadtverordnetenversammlung gegen die Zulässigkeit des Bürgerbe-gehrens angeführten Argumente zurück:
1. Die Unterschriftslisten ließen hinreichend deutlich erkennen, welche Frage mit dem Begehren zum Gegenstand eines Bürgerentscheids gemacht werden soll.
2. Auch enthielten sie eine ausreichende Begründung dafür sowie.
3. die drei Vertrauenspersonen des Begehrens.
4. Das Bürgerbegehren scheitere auch nicht an der grundsätzlich zu erfüllenden Anforderung, einen Vorschlag zur Deckung der Kosten zu unterbreiten. Der Erhalt des „Leher Dschungels“ verursache nämlich keine relevanten Kosten. Sofern die Stadt Bremerhaven durch das Bür-gerbegehren gehindert werde, in ihrem Eigentum stehende Grundstücke zu verkaufen, ent-stünden daraus schon deshalb keine relevanten Kosten, weil sie im Gegenzug auch kein Grundeigentum abgebe. Auch Kosten für die Aufarbeitung verwilderter Grundstücke und den anschließenden Erhalt deren ordentlichen Zustands müsse das Bürgerbegehren nicht be-rücksichtigen, weil es auf den Erhalt des derzeitigen Zustands gerichtet sei. Schließlich müssten die Bürger auf den Unterschriftenlisten über die finanziellen Auswirkungen des Be-gehrens nicht umfangreicher aufgeklärt werden, als die Stadtverordnetenversammlung vor ihrer Entscheidung durch den Magistrat. Dieser hat die finanziellen Auswirkungen der beab-sichtigten Bebauung ausschließlich mit den für die Planung erforderlichen Personalkosten benannt. Deshalb durfte auch das Bürgerbegehren davon ausgehen, dass der Verzicht auf die Bebauung diese Personalkosten eingespart und selbst keine Kosten verursacht.
Die Stadtverordnetenversammlung kann nun auf die Planung verzichten, den Bürgerentscheid her-beiführen oder die Frage der Zulässigkeit weiter im Hauptsacheverfahren klären lassen.
Die Entscheidung kann von der Stadt Bremerhaven innerhalb einer Frist von zwei Wochen mit einer Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht angefochten werden.
OB sagt Zukunftswerkstatt „Neue Aue“ ab
Die
für Freitag, den 9. November 2018, geplante 2. Zukunftswerkstatt „Neue
Aue“ in der Mensa der Schule Am Leher Markt hat Oberbürgermeister Melf
Grantz abgesagt. „Nun ist die Politik am Zuge, die entscheiden muss, ob die Beschlüsse
der Stadtverordnetenversammlung zu den Bebauungsplänen weiter verfolgt
werden sollen oder nicht. Damit ist allerdings auch verbunden, die nicht
von den Aufstellungsbeschlüssen betroffenen Gebiete, um die es in der
Zukunftswerkstatt gehen sollte, vorerst nicht planerisch zu betrachten.“
§ 16 VerfBrhv lautet:
§ 16 Bürgerbegehren(1) 1Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt können beantragen (Bürgerbegehren), dass sie an Stelle der Stadtverordnetenversammlung über eine Selbstverwaltungsangelegenheit der Stadt entscheiden (Bürgerentscheid). 2§ 17 Absatz 3 gilt entsprechend.
(2) 1Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten zwei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens durch-geführt worden ist. 2Die Frist nach Satz 1 endet vorher mit dem Ablauf der laufenden Wahlperio-de der Stadtverordnetenversammlung. 3Richtet sich das Bürgerbegehren gegen einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, muss es innerhalb von drei Monaten nach der Beschlussfas-sung eingereicht sein.
(3) 1Das Bürgerbegehren muss schriftlich bei der Stadtverordnetenvorsteherin oder dem Stadt-verordnetenvorsteher eingereicht werden; die elektronische Form ist ausgeschlossen. 2Es muss die zur Entscheidung zu bringende Frage, eine Begründung sowie einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. 3Das Bürgerbegehren muss bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die antragstellenden Personen zu vertreten.
(4) Das Bürgerbegehren muss von mindestens 5 vom Hundert der Bürgerinnen und Bürger der Stadt unterzeichnet sein.
(5) 1Über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens entscheidet die Stadtverordnetenversamm-lung innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Stadtverordnetenvorsteherin oder dem Stadtverordnetenvorsteher. 2Die Stadtverordnetenversammlung hat die nach Absatz 3 Satz 3 be-nannten Personen in dieser Sitzung zu hören. 3Der Bürgerentscheid entfällt, wenn die Stadtver-ordnetenversammlung die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme be-schließt.
(6) Ist die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens festgestellt, darf bis zur Feststellung des Ergebnis-ses des Bürgerentscheids eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Organe der Stadt nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer derartigen Entscheidung nicht mehr begon-nen werden, es sei denn, zu diesem Zeitpunkt haben rechtliche Verpflichtungen der Stadt hierzu bestanden.
(7) Die näheren Bestimmungen über die Durchführung eines Bürgerbegehrens trifft ein Ortsge-setz.