Die Freie Hansestadt Bremen wird in den kommenden Jahren eine dreistellige Millionensumme in den Ausbau und die Modernisierung der maritimen Infrastruktur investieren. "Wir sichern mit ambitionierten Projekten im Kajen- und Terminal-Bau und bei der Hafeneisenbahn die Zukunft unserer Häfen", sagte Bremens Wirtschafts- und Hafensenator Martin Günthner am Montag (14.12.2015) vor Journalisten in der Hansestadt. Gleichzeitig legte er eine vorläufige Schätzung der Umschlagszahlen 2015 vor. Danach wird der Seegüterumschlag im Zwei-Städte-Staat in diesem Jahr um 4,8 Prozent zurückgehen. Laut Günthner ist mit einer Umschlagsleistung von insgesamt 74,5 Millionen Tonnen zu rechnen (2014: 78,2 Millionen Tonnen).
"Die ökonomischen Probleme in vielen Teilen der Welt wirken sich direkt auf unser Hafengeschäft aus", sagte Günthner. Als Beispiele nannte er die wirtschaftliche Abschwächung in China, den Einbruch des Russland-Handels und die gesunkene Güternachfrage in Schwellenländern. "Die Entwicklung der Weltwirtschaft bildet sich unmittelbar in den Umschlagszahlen ab. Andere Standorte spüren diese Entwicklung zum Teil noch deutlicher."
Containerumschlag bei 5,6 Millionen TEU
An der Weser litt das Ergebnis des Jahres 2015 besonders unter einer schwächeren Entwicklung im Stückgutbereich. Hier wird ein Umschlagsergebnis von etwa 64,7 Millionen Tonnen (minus 6,0 Prozent) prognostiziert. Das konventionelle Stückgut erreicht eine Größenordnung von 8,6 Millionen Tonnen (minus 4,2 Prozent), während beim containerisierten Stückgut ein Rückgang von 6,3 Prozent auf 56,2 Millionen Tonnen erwartet wird. Auf Basis von Standardcontainern (TEU) wird für Bremerhaven ein Umschlag von 5,6 Millionen TEU vorhergesagt (minus 3,6 Prozent). Der geringere Rückgang beim Umschlag von Standardcontainern beruht auf einer gestiegenen Zahl von Leercontainern.
"Der Rückgang im Containerumschlag ist bedauerlich, aber kein Beinbruch", sagte Günthner. "Immerhin stellen 5,6 Millionen TEU für Bremerhaven eines der bisher besten Ergebnisse dar. Weltweit werden derzeit weniger Container transportiert. Belastend wirken sich vor allem rückläufige Im- und Exporte aus und nach China aus. Die Verkehre mit China bilden nach den USA die zweitgrößte Relation im Containerverkehr via Bremerhaven. Die Russlandverkehre als drittgrößtem Markt belasten den Umschlag zusätzlich."
Strukturelle Veränderungen in der Linienschifffahrt
Auch 2015 trugen strukturelle Veränderungen in der Linienschifffahrt zum schwächeren Containerumschlag bei. Hier sind Veränderungen innerhalb der Liniendienste und somit Rückgänge im Bereich Transshipment zu nennen. Außerdem konnte ein Liegeplatz an der Bremerhavener Stromkaje in der ersten Hälfte des Jahres aufgrund eines tragischen Unfalls nur eingeschränkt genutzt werden.
In welchem Umfang die Umschlagsverluste darauf zurückzuführen sind, dass die Außenweser-Fahrrinne noch nicht vertieft wurde, lässt sich nach Günthners Worten noch nicht sagen. Fakt sei aber, dass immer mehr Container-Schiffe der neuesten Generation den Markt bestimmen. "Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Bremerhavens bleibt die Anpassung der Außenweser auf der Tagesordnung."
Bei Fahrzeugen fast auf Vorjahresniveau
Zufrieden zeigte sich der Senator mit der Entwicklung in der Automobillogistik. Der Umschlag von Fahrzeugen wird 2015 mit 2,2 Millionen Einheiten in etwa das Vorjahresniveau erreichen. Es werden voraussichtlich etwa 40.000 Fahrzeuge weniger umgeschlagen als im Rekordjahr 2014. Die Entwicklung des Automobilumschlags bleibe durch Unsicherheiten wie die VW-Abgasaffäre und geopolitische Konflikte (Ukraine/Russland, Naher Osten) geprägt, sagte der Senator.
Massengutumschlag legt um 4,2 Prozent zu
Der Umschlag von Massengut hat sich 2015 positiv entwickelt (plus 4,2 Prozent). Wie Günthner mitteilte, wird ein Volumen von insgesamt 9,8 Millionen Tonnen erwartet (Vorjahr: 9,4 Millionen Tonnen). Im Stückgutumschlag an den Kajen in Bremen-Stadt ist laut vorläufiger Schätzung mit einem Ergebnis von 3,6 Millionen Tonnen zu rechnen. Günthner: "Der konventionelle Stückgutumschlag ist wegen der hohen Containerisierung ein schwieriger Markt, in dem sich die mittelständischen stadtbremischen Hafenunternehmen gut behaupten."
Kreuzfahrten: Mehr Schiffe, weniger Passagiere
Der Kreuzfahrtverkehr in Bremerhaven steigt im zu Ende gehenden Jahr von 58 auf 61 Schiffsabfertigungen (plus 5,2 Prozent). Allerdings ging die Zahl der abgefertigten Passagiere auf knapp 66.000 zurück (2014: 69.000, minus 4,6 Prozent). Im kommenden Jahr rechnet das Columbus Cruise Center Bremerhaven mit einem deutlichen Zuwachs auf etwa 95.000 Passagiere.
Ein Blick auf die Entwicklung der beiden Hafenstandorte im Land Bremen zeigt unterschiedliche Tendenzen. Während Bremerhaven 2015 mit geschätzten 61,2 Millionen Tonnen ein Minus von 6,5 Prozent verbuchen wird, sagt die Prognose für Bremen-Stadt als Folge des Wachstums im Bereich Massengut mit 13,3 Millionen Tonnen ein Plus von 3,9 Prozent voraus.
Mehr als 240 Millionen Euro für OTB, Hafenbahn und Westkaje
Im Mittelpunkt der aktuellen bremischen Hafen-Investitionen steht das Großprojekt Offshore-Terminal Bremerhaven (OTB). "Die neue Hafenanlage wird dringend benötigt, um die Entwicklung des Industrie- und Logistikstandorts Bremerhaven zum führenden Zentrum der Offshore-Windenergie voranzutreiben und abzusichern", sagte Günthner. Der Ende November vom Bremer Umwelt- und Bausenator vorgelegte Planfeststellungsbeschluss markiere einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Realisierung des 180-Millionen-Projekts. Der 25 Hektar große OTB wird der Vormontage und dem Umschlag von bis zu 160 Offshore-Windenenergieanlagen jährlich dienen und soll 2019 in Betrieb genommen werden. Günthner appellierte an den Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, vor dem Hintergrund der Einigung beim Klimagipfel in Paris die Klage gegen das Offshoreprojekt noch einmal kritisch zu überprüfen.
Weitere rund 30 Millionen Euro fließen in den Ausbau der Hafeneisenbahn in Bremerhaven. Dort wird der Bahnhofsbereich Imsumer Deich in den kommenden Jahren von 8 auf 16 Parallelgleise erweitert. Das Projekt ist Teil eines Investitionspakets in Höhe von etwa 40 Millionen Euro, mit dem die Freie Hansestadt Bremen in diesem Jahrzehnt ihre Hafenbahnanlagen erweitert, um dem wachsenden Bedarf gerecht zu werden. Günthner: "Im Hinterlandverkehr des Containerhafens Bremerhaven erreicht die Schiene heute bereits einen Anteil von etwa 47 Prozent. Das ist ein europäischer Spitzenwert. Zuletzt war Bremerhaven Start- und Zielort für durchschnittlich etwa 580 Güterzüge pro Woche. Wir erwarten einen Anstieg auf knapp 800 Züge wöchentlich – dafür schaffen wir jetzt die Voraussetzungen."
Mit der vor wenigen Tagen beschlossenen Kajensanierung im Bremerhavener Kaiserhafen III sei eine zusätzliche Stärkung des maritimen Standorts verbunden, sagte der Senator. Für 32,7 Millionen Euro soll die Westkaje des Hafenbeckens bis Ende 2017 erneuert werden. Die mehr als 100 Jahre alte Ufereinfassung weist Schäden auf, die die Standsicherheit gefährden. Deshalb wird ein rund 440 Meter langer Kajenabschnitt neu gebaut. "Ohne eine Sanierung der Kaje ist eine zukunftssichere wirtschaftliche Nutzung dieses zentralen Hafenbereichs nicht möglich", sagte der Senator. Das Projekt habe vor dem Hintergrund der neuen und vielversprechenden Perspektiven im Bremerhavener Schiffbau besondere Bedeutung.
Bremische Häfen, Seegüterumschlag 2015 auf einen Blick:
2014 | 2015 | Veränderung in % | |
---|---|---|---|
Gesamtumschlag (in 1.000 t) | 78.236 | 74.495 | -4,8 |
Bremerhaven (in 1.000 t) | 65.401 | 61.156 | -6,5 |
Bremen (in 1.000 t) | 12.835 | 13.339 | 3,9 |
Massengut (in 1.000 t) | 9.372 | 9.762 | 4,2 |
Stückgut (nicht containerisiert in 1.000 t) | 8.947 | 8.574 | -4,2 |
Stückgut (containerisiert in 1.000 t) | 59.917 | 56.159 | -6,3 |
Containerumschlag (in 1.000 TEU) | 5.777 | 5.570 | -3,6 |
Automobile (in 1.000 Einheiten) | 2.270 | 2.230 | -1,8 |
Schiffsabfertigungen (Cruiser) | 58 | 61 | 5,2 |
Passagiere | 68.939 | 65.757 | -4,6 |
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